Rosie

Wir waren uns einig, dass wir für die geplante Route ein geländetaugliches Fahrzeug benötigen, damit wir flexibel sind und uns auch abseits der Strassen bewegen können. Marcos Begeisterung fiel schnell auf einen Land Rover und Anja liess sich davon anstecken. Bis jetzt bereuen wir unsere Entscheidung nicht.

So machten wir uns auf die Suche nach einem guten Angebot, bis wir bei Fränzi und Richi fündig wurden. Die beiden verkauften ihren reisebereiten Land Rover Defender und wir schlugen im Sommer 2017 zu. Wir waren froh, den ersten Schritt zu unserer Reise gewagt zu haben und nannten den Wagen Rosie.

Der Defender wurde von 1948 bis 2016 während fast 70 Jahren ohne grosse Veränderungen in England in Handarbeit gefertigt. Einer der Hauptgründe für das Einstellen der Produktion war sicherlich, dass sich die Sicherheitsstandards seit der Nachkriegszeit ständig weiterentwickelt haben und die grundlegende Konstruktion des Wagens da nicht mithalten konnte. Weil kurz nach dem zweiten Weltkrieg Stahl Mangelware war, entschieden sich die findigen, englischen Ingenieure den Kasten aus Aluminium zu konstruieren. Dies hat den unangenehmen Nebeneffekt, dass sich bei einem Unfall der Kasten ähnlich verformt wie eine zerstampfte Bierdose. Die erste Veränderung an Rosie war deshalb das Anbringen diverser Stahlrohre um das Führerhaus (Rollcage), die uns bei einem Unfall im schlimmsten Fall vor dem Erdrücken retten sollen.

Nun hatten wir noch etwa eineinhalb Jahre Zeit, um den Kasten unseren Ansprüchen anzupassen. Defender werden seriemässig ab Werk mit Rost geliefert. Damit wir noch lange an Rosie Freude haben können, wollten wir etwas gegen diese Pest unternehmen. Nach kurzer Recherche war klar, dass in der Schweiz wohl nur einer dieses Problem langfristig lösen kann. Auf dem Weg nach Tschechien machten wir im idyllischen Thayngen in Schaffhausen an der Grenze zu Deutschland bei Dani halt. Er nahm sich viel Zeit, begutachtete Rosie und erklärte uns seinen Masterplan. Wir spürten Danis Begeisterung für seine Arbeit und waren uns sofort einig, dass wir Rosie in seine kompetenten Hände geben werden. Dani begann im Mai 2018 den alten Rostschutz mit Trockeneisstrahlen zu entfernen, um danach den ganzen Rost darunter mit Stahlbürsten zu entfernen. Anschliessend führte er einen Hohlraumschutz sowie eine Unterbodenveredelung durch. Dank Dani wurden auch einige grössere und kleinere Probleme an Rosie entdeckt und gleich behoben. Wir erinnern uns an Danis Worte: “Aber ihr wisst schon, dass der Wagen euer finanzieller Ruin sein wird”. Wir nehmen es mit Humor, lassen die Wehwehchen reparieren und denken positiv: Alles was wir jetzt beheben, sollte auf der Reise nicht kaputt gehen. Dani stand die ganze Zeit über Whatsapp mit uns in Kontakt und informierte mit Fotos über jeden seiner Schritte. Unsere Vorfreude auf unsere (fast neue) Rosie stieg von Tag zu Tag.

Nach mehreren Festivals, einer kurzen Reise nach Tschechien und vier Wochen Offroadferien in Marokko, entschieden wir uns dafür, den Innenausbau neu zu gestalten. Die Zeit, als das Auto bei Dani war nutzten wir (ja, vor allem Marco) und planten unseren Innenausbau. Damit er ganz nach unserem Gusto sein wird, entschieden wir uns dazu, selber Hand anzulegen. Wir überlegten, diskutierten, hatten Ideen, verwarfen die Ideen, hatten neue Einfälle, bis wir uns auf ein Konzept einigten, welches uns beiden gefiel. Folgende Eckpunkte waren uns wichtig: Wir möchten ein Lavabo mit gefiltertem Trinkwasser im Auto, genügend Stauraum und eine gemütliche Sitzbank. Die Kühlbox soll auch während der Fahrt vom Beifahrer bedient werden können. Es soll ein Tisch vorhanden sein und es muss für Notfälle (Windsturm, Übernachtung mitten in der Stadt etc.) eine Übernachtungsmöglichkeit im Auto für uns beide geben, ohne das Hubdach öffnen zu müssen. Ausserdem möchten wir für Notfälle eine Toilette im Auto.

Während Marco sich an die Planung des Innenausbaus machte und sich über Materialien informierte, trug Anja Informationen über die Länder, welche bereist werden möchten zusammen und informierte sich über die Routen. Nebenbei nahm sie auch noch mit diversen Ämtern Kontakt auf, damit beide sorgenfrei die Schweiz für längere Zeit verlassen können.  Endlich nahm sie auch die Autoprüfung in Angriff und bestand die Prüfung am 14. Juni 2018. Von da an begann der Rosie-Fahrkurs bei Marco.

Im Juni 2018 fingen wir konkret mit dem Innenausbau an. Wir mieteten uns in Bern in der Quartierwerkstatt Viktoria ein. Nach unzähligen Fahrten in Baumärkte und zur Werkstatt – zwischenzeitlich funktionierten wir unsere gesamte Wohnung zu einem Lagerraum und einer Werkstatt um – und unzähligen Stunden der Planung und der Arbeit war unser Innenausbau mehr oder weniger fertig. Wir haben nun einen Boden in Old-Country-Lärche-Holzboden-Optik, ein Gestell mit diversen Schubladen und Fächern sowie ein Lavabo. Rosie besitzt einen 40 Liter Trinkwasser Tank mit einer Filteranlage, die im Stande ist das dreckigste Wasser in köstliches Trinkwasser zu verwandeln und eine Trocken-Trenn-Toilette für den Notfall. Zudem haben wir eine grosse Sitzbank mit viel Stauraum. An allen möglichen und unmöglichen Stellen haben wir eine Wärmedämmung verklebt, welche uns – hoffentlich – im Sommer vor der Hitze und im Winter vor der Kälte schützt.

Ende September 2018 stand der Kurs “Offroadfahren und Buschmechanik” bei der Firma ATW an. Eine solide Vorbereitung auf unsere Reise ist uns wichtig. Unsere Erwartungen wurden erfüllt: Wir kennen nun die technischen Grenzen von Rosie :).